Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt – immer da, wenn es brenzlig für Rechts wird

Manchmal ist die Realität absurder als die fiktive Welt. Denn was in einer beeindruckenden Inszenierung aus Medien, Justiz und Politik rund um die Refugee-Proteste abläuft, das würde auch noch Birgitte Nyborg aus Borgen überraschen. Offenbar wurde Wag the dog ebenso vielerorts als Anleitung und nicht als Warnung gesehen.

Die ÖVP macht sich wahlkampftechnisch das Leben gerade selbst sehr schwer. Erst Bienenkiller Berlakovich, dann Beatrix-kein-Paradies-Karl und jetzt auch noch Herr von und zu was-schert-mich-die-Verfassung aka Töchterle. Dazwischen Peinlichkeiten wie das Spindeleggers Zwinkervideo, Kurz’ peinliches Video mit gefälschten Zeitungsmeldungen und die üblichen Blödheiten, die ein Wahlkampf so mit sich bringt. Wahlkampfthemen wie Pensionen, Umverteilung oder Korruption schmecken gar nicht, also was gibt’s Besseres als den richtig harten Hund mit einfachen Stammtischparolen bellen zu lassen? In traditionell bürgerlicher Manier sucht man sich hier die Schwächsten einer Gesellschaft aus.

Wie der „Zufall“ so will, platzen mitten in das Gesamt-Unheil der ÖVP die Abschiebebescheide für die Flüchtlinge. Einige Tage zuvor hieß es noch, sie müssten sich „nur“ einmal am Tag melden (eine Schikane für sich), drei Tage später werden sie abgeschoben. Da kann die Innenministerin wieder markige Sprüche von sich geben, sich auf den Rechtsstaat berufen, der sonst gerne klein geredet wird (Stadterweiterungsfonds, Immobilienverkäufe Studiengebührenregelungen samt Aufruf Töchterles zum Verfassungsbruch und wie geht es eigentlich KHG?).

 Dabei geht es weder um den Rechtsstaat, noch um die Flüchtlinge – es geht um den Wahlkampf. Es geht darum, dass die ÖVP endlich themensetting betreiben und den Takt vorgeben kann. Es geht darum, im Becken der angeschlagenen FPÖ zu fischen und das geht am besten mit Aktionen wie aus Straches feuchten Träumen. Nachdem die Abschiebe-Aktionen bei noch laufenden Verfahren nicht ganz die mediale Rückmeldung erreichten wie erhofft, musste natürlich nachgelegt werden. Zufällig und zum idealen Zeitpunkt ließen das Justizministerium und die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt verlauten, dass drei der Flüchtlinge sowieso ein Schleppernetzwerk aufgezogen und Millionen verdient haben. Padauz, welch irrer Zufall, dass das alles so gleichzeitig bekannt wird. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat sich (Zufall, Zufall!) schon in der Vergangenheit als idealer Partner gegen Linke und alles, was am authentischen bürgerlichen Weihnachtsessen als „dreckiges Gesindel“ beschrieben wird, gezeigt.

Tierschutzprozess

Auf das Konto der Staatsanwaltschaft geht zum Beispiel der Prozess gegen die Tierschützer_innen. In seinen Ungeheuerlichkeiten wurde er eingehend beschrieben. Das Urteil wurde mittlerweile auch wieder aufgehoben. Ein Highlight war etwa ein Staatsanwalt, der mit den Fingern andeutet, Tierschützer_innen zu erschießen. Alles genau im Detail gibt es hier nachzulesen: http://tierschutzprozess.at/

Alpen-Donau.info

Der Prozess wurde sehr langatmig geführt und nach dem (noch immer nicht rechtskräftigen) Urteil bleiben viele Fragen offen. Fragen zu Verbindungen zur FPÖ wurden etwa völlig ausgeklammert, obwohl es genug Beweise (hier sei auch noch einmal das Engagement von Uwe Sailer gewürdigt) gibt. Immerhin wurden drei Angeklagte (darunter Küssel) verurteilt, bei vielen weiteren Verdächtigen blieb die Verantwortung aber unklar.

 Moschitz gegen Strache

 Die Vorgeschichte ist bekannt. Am Schauplatz-Redakteur Ed Moschitz begleitet Strache auf einer Wahlkampf-Tour und nimmt Parolen auf, die unters Verbotsgesetz fallen. Strache startet daraufhin eine Hetzkampagne, phantasiert von manipulierten Bändern und Sonstigem. Die Staatsanwaltschaft verschleppt die Angelegenheit und scheint im besten Fall heillos überfordert. Weitere Infos hier: http://www.falter.at/falter/2013/04/02/der-verschleppte-fall/

 Personlia

 Da gibt es etwa einen gewissen Harald Eisenmenger, stramm rechter Burschenschafter (Wahnfried im Milleu genannt), früher bei der verbotenen Aktion Neue Rechte. In Wiener Neustadt hat er es zum Oberstaatsanwalt geschafft. 1997 schickte er seinen Corpsbrüdern eine Liste mit Arminia Mitgliedern, denen “stets ein ehrendes Angedenken bewahrt werden sollte”. Unter den von Eisenmenger geehrten Mitgliedern befanden sich der Gestapo-Chef von Rom, Herbert Kappler, der für die Deportation von tausenden Juden verantwortlich war, der NS-Luftwaffenkommandant Ulrich Rudel und der Kriegsverbrecher Walter Reder. Er ist nach wie vor bei der “Europaburschenschaft Arminia zu Zürich in Wien” alter Herr, die als Keimzelle des schweizerischen Neonazismus gilt und es sogar schaffte, aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaft rauszufliegen. Gerade in der Causa Tierschutzprozess hat sich gezeigt, warum immer wieder Wiener Neustadt mit Fällen betraut wird, die nichts mit Wiener Neustadt zu tun haben – wegen der hohen Dichte an Burschenschaftern und CVlern, wie auch Martin Balluch auf seinem Blog ausführt: http://www.martinballuch.com/?p=927

An diesem Beitrag waren viele Leute beteiligt, viele haben auch mit Informationen weitergeholfen- dafür Danke.