Die FPÖ und ihr Wahlerfolg

Und wieder schauen alle verwundert drein. Sie süffeln an ihrem Wein oder Aperol Spritzer und versichern sich via Twitter, dass sie auch wirklich total moralisch entrüstet sind, dass die FPÖ sooo stark ist. Was müssen die Wähler_innen nicht wahlweise für bescheuerte, kranke, gehirnamputierte oder schlichtweg dumme Menschen sein. Padauz, was erlauben? Wie konnte die Mehrheit der jungen Männer und der Arbeiter_innen nur die FPÖ wählen?! Dumm, dumm, dumm. So in etwa die Reaktion auf das richtig erfolgreiche Wahlergebnis von 21,4% der FPÖ. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Sich der eigenen moralischen Überlegenheit versichern, ein bisschen weinen über die moralische Ungerechtigkeit und so tun, als wäre nix oder sich eben anschauen, wie es dazu gekommen ist. Im Folgenden nur ein paar Schlaglichter, wovon wahrscheinlich jedes Einzelne Bücher füllen könnte. Es bringt nämlich wirklich nichts, ein Ergebnis hochzujubeln, weil die FPÖ eh nur auf Platz 3 ist und wahlweise eh nur 2% verloren wurden oder man sogar ein ganzes Prozent dazugewonnen hat. Die FPÖ ist 10% vor den Grünen, es gab nie ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die SPÖ ist in Reichweite der FPÖ, die ÖVP sowieso.

Die FPÖ und die Arbeiter_innen

Die FPÖ überzeugt das wahlberechtigte (in diesem Fall besonders wichtig zu erwähnen, denn große Teile dieser Schicht sind von den Wahlen ausgeschlossen) Proletariat für sich. Das liegt nicht daran, dass die Arbeiter_innen alle so blöd oder genuin rassistisch mit geschlossenem Weltbild sind. Es liegt daran, dass die FPÖ die soziale Frage thematisiert. So authentisch wie offenbar keine andere Partei. Das liegt nicht nur an den berühmten einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Denn auch sonst offerieren viele auch keine komplexen Lösungen für komplexe Probleme. Entweder gibt es Durchhalteparolen oder ein „Ist eh alles super“-Gestammel. Die FPÖ kanalisiert als einzige Partei Protest und Unmut. Und das ist eine ureigene Aufgabe einer Arbeiter_innen-Partei. Die FPÖ ist natürlich keine genuine Arbeiter_innen-Partei, hat kein Interesse an Klassenkampf und denkt ganz generell nicht in Klassen, sondern in konstruierten Gebilden wie „Rassen“ (ja, wirklich) oder Nationen. Aber sie kanalisiert den Protest und führt ein eigenes Narrativ in die soziale Frage hinein, indem sie sie rassistisch erklärt. Dabei muss sie gar keine Lösungskompetenz beweisen, sondern immer nur weiter drauf hauen. Migrantische Arbeiter_innen sind hier am ärgsten getroffen: Sie können sich nicht via Wahlen wehren, haben keine Stimme in der österreichischen Politik und das Umfeld um sie herum wird ihnen gegenüber immer feindlicher. Aber einfach nur über die „Prolos“ zu schimpfen (gerne auch in Form von Fußball-Fans oder „Unterschichten-TV-Shows“) bringt gar nix, außer sich in bürgerlicher Weinerlichkeit zu suhlen. Die soziale Frage konsequent, kämpferisch, nicht defensiv und ohne Rassismus zu thematisieren – Das ist nicht leicht und geht nicht von heute auf morgen. Viele Gewerkschaften leisten hier (zum Glück) auch gute Arbeit, aber in Stimmen bei der Nationalratswahl landen diese Stimmen bei der FPÖ. Weil sie sich dort am Besten aufgehoben fühlen.

Nichts ist gut für die Jugend

Es läuft gerade nicht wirklich so viel rund in Europa. Wir leben in keiner Zeit kollektiver Euphorie und Zukunftsfreude. Unsere Eltern oder Großeltern sahen das noch anders, zweifelten nicht an ihren Pensionen und waren nicht alle paar Monate arbeitslos oder hatten befristete Verträge, die einen zweifeln lassen, wie es in einem halben Jahr weitergehen soll. Das ist das Lebensgefühl einer Generation von Unter-30-Jährigen. Die, die vom formalen Bildungssystem auch noch aussortiert wurden, trifft es (wie immer) noch schlimmer. Firmen suchen sich Lehrlinge aus und viele bleiben am Schluss über. Das System streckt ihnen richtig schön den Mittelfinger entgegen und macht ihnen klar: Dich brauchen wir nicht, du bist überflüssig. Es verwundert nicht, dass diese Leute wirklich keinen Bock auf die Regierungsparteien oder Strahle-Grüne haben, denen Radständer ein größeres Anliegen sind. Wo sind denn die jungen Leute ganz vorne, die das überzeugend thematisieren, egal in welcher Partei?

Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei

Das ist in der sozialwissenschaftlichen Forschung ziemlich anerkannt. Interessiert in Österreich nur niemanden. Weder gibt es eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, noch eine mediale, die über die bloße punktuelle Empörung hinausgeht. „Nazi, Nazi, Nazi“-schreien ist viel zu wenig, wenn man sich ernsthaft über Rechtsextremismus unterhalten möchte. Es gibt keine Strategien, wie mit so einer Partei umzugehen ist. Es gibt keine Analyse über ihre Strategien. Es gibt nur sehr oberflächliche Betrachtungen zwischen Lethargie und Kreischen.

Der Kampf gegen Rechtsextremismus

… ist in Österreich auf einer hohen Ebene recht inexistent. Es gibt tolle Initiativen, Einzelpersonen und lose Zusammenschlüsse, die ganz, ganz tolle Arbeit leisten. Aber es gibt keine staatlich finanzierten think tanks, Programme oder Personen. Es gibt keine Aussteigerprogramme, es gibt nicht einmal ein Info-Telefon, es gibt keine regelmäßigen Publikationen von irgendeiner Seite und schon gar nicht gibt es ein Forum, wo all diese Leute einmal zusammenkommen könnten. Das ist jetzt weniger ein Versagen von Parteien an sich, sehr wohl aber von Teilorganisationen. Eitelkeiten, Befindlichkeiten und plumpe Agitation für den eigenen Minisumpf haben viel kaputt gemacht in der antifaschistischen Szene in Österreich. Es fehlt aber eben auch an grundsätzlichen Rahmenbedingungen, die zumindest den Kampf nicht behindern. Ein besonderes Ärgernis ist der Verfassungsschutz, wie schon dargelegt. Die Erkenntnisse von qualifizierten Personen und Initiativen quer durch alle Bundesländer schaffen es leider selten bis nie auf höhere Ebene.

In den Medien gibt es eine liberale Hegemonie

Es gibt keine linken Medien in Österreich, außer vielleicht den Augustin. Standard und Falter sind liberal, nicht links. Das haben sie oft genug bewiesen. Die sind zwar auch ganz empört, wenn es um die FPÖ geht, aber sie übernehmen ihre Narrative. Unvergessen der Spengler-Fan, der vor einem Jahr im Sommer im Standard ein Interview gab und den Rausschmiss Griechenlands auf die denkbar autoritärste Art und Weise forderte. Kommentarlos. Solche neoliberalen Freakos dürfen recht oft zu Wort kommen in Österreich. Auch der Falter übernimmt Narrative, etwa gegen die böse Politische Korrektheit. Wenn es eine linke Zeitung gäbe, wäre vieles einfacher, so bleiben linke Stimmen stumm. Die liberale Hegemonie zeigt sich im Hype um die Neos, die reingekommen sind, weil sie von den Medien reingetragen wurden. Die KP etwa bekam nie diese Aufmerksamkeit, hat aber weit vernünftigere Ansätze. Die Ideologie der Neos (ja, die haben eine!) ist die, die hinter der Wirtschaftskrise steht. Diese ermöglichte in letzter Konsequenz erst den Aufstieg der FPÖ.

Wenn niemand das thematisiert, was die FPÖ (authentisch) thematisiert; wenn niemand sieht, dass es den Meisten eben nicht superleiwand geht; wenn niemand sich analytisch mit Rechtsextremismus beschäftigt und wenn niemand linken Antworten auf die Krise zu einer Stimme verhilft, dann ist es eine schöne Chuzpe, FPÖ-Wähler_innen als irrationale Trottel zu bezeichnen. Sie wählen so, nicht weil sie moralisch so verkommen sind, sondern weil sie glauben, dass das am meisten ihren Interessen entspricht. Das ist bitter, aber das einzugestehen steht ganz, ganz vorne in einer ersten Analyse.

Grüne Braune – Rechtsextremismus und Umweltschutz

Ein Satz von H.C. Strache bei der Wahlfahrt ließ die versammelte Twitteria und die Standard.at- Community mit großen Fragezeichen zurück: Wie in aller Welt kommt Strache darauf, dass die FPÖ die erste Umweltpartei war, wo das Thema doch fast ausschließlich mit den Grünen assoziert wird.

Umweltschutz und Heimatschutz schon vor mehr als 100 Jahren

Es handelt sich bei dieser Aussage von Strache keineswegs um eine völlig aus der Luft gegriffene Behauptung. Umweltschutz war tatsächlich immer ein wichtiges Thema in verschiedenen rechtsextremen Ideologien. Es vereint in einer rassistischen Deutung wesentliche Punkte des Rechtsextremismus: Blut und Boden, Antiurbanismus, Esoterik und (Regional)Nationalismus. Umweltschutz war schon im 19. Jahrhundert mit Rassismus und Sozialdarwinismus verquickt. Der technische Fortschritt, das Aufkommen eines Industrieproletariats und die Organisation der Arbeiterklasse erzeugte Angst in Bürgertum und Adel. Einem materialistischen Weltbild und dem Kampf um soziale Rechte wurde das romantische Ideal eines Bauern mit eigenem Land fernab der Städte, die als das größte aller Übel gesehen wurden, entgegen gesetzt (Literarisch wurde dieses Bild in Szene gesetzt vom völkischen Autor und Umweltschützer Hermann Löns). Das Thema Umweltschutz wurde, wenig überraschend, von den Nazis begeistert aufgenommen. Der Artamanenbund suchte sein Heil in Siedlungen (rein deutsch versteht sich), um damit dem Ideal des wehrhaften Bauern zu entsprechen. Ziel war es autarke Siedlungen zu errichten, die rein auf Agrarwirtschaft aufgebaut waren und einen „rassisch reinen“ Genpool zu erhalten, um sich so die Wehrhaftigkeit zu erhalten, um die „deutsche Erde“ zu bewahren.  Prominente Artamanen machten auch in der NSDAP selbst Karriere, z.B. der Auschwitz-Kommandant Höß. Der Artamanenbund bzw. eine Abspaltung wurde später von der HJ übernommen. Seit ca. 20 Jahren gibt es Neo-Artamanen, die vor allem in Mecklenburg-Vorpommern versuchen, ähnliche Siedlungsprojekte zu starten. Umweltschutz als Thema hat sich bis heute innerparlametarisch als auch außerparlamentarisch in der Rechten gehalten. Autonome Nationalisten und Freie Kameradschaften machen sich auf, um Mist im Wald aufzuklauben oder rufen „Nationale Umweltschutztage“ aus.

Die Ideologie dahinter

Ein rassistischer und völkischer Begriff von Natur und Landschaft liegt diesem Denken zu Grunde. Der ländliche Raum wird als Bollwerk gegen alles gesehen, was gemeinhin als „Zivilisation“ gesehen wird: Technologie, Stadt, Proletariat, Intellektuelle, Migrant_innen, Juden und Jüdinnen usw. Die Natur wird zum Symbol für die rein zu haltende Nation bzw. das Volk (was in einem rechtsextremen Denken möglichst deckungsgleich zu sein hat). Natürlichkeitsdiskurse sind im Herzen jedes rechtsextremen Diskurses. Frauen müssen so und so sein, weil es „natürlich“ ist. Homosexuelle sind „abartig“, weil es wider die Natur ist. „Rassenvermischung“ ist ein Verbrechen an der Natur. Vorgänge in der Natur werden zum Vorbild menschlichen Verhaltens. Forscher wie Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt haben „Triebe“ als den Kern menschlichen Verhaltens dargestellt. (Beide sind Ikonen der rechtsextremen Szene, schrieben/schreiben für entsprechende Magazine und sind nicht die netten Biologen von nebenan, als die sie gerne medial dargestellt werden) So sei Rassismus nichts verwerfliches sondern triebbedingt. Der neurechte Theoretiker Alain de Benoist hat auf Basis dessen eine eigene Triebtheorie entwickelt. Agressions- und Territorialtriebe schützen demnach vor der multikulturellen Gesellschaft und sind normativ gut, weil durch Triebe bedingt. Abgesehen davon, dass diese Thesen wissenschaftlich kaum haltbar sind, ist klar, was dahinterliegt: die alte Rassentheorie, die von einer biologischen Verschiedenartigkeit von „Rassen“ ausgeht. Sie steht in krassem Widerspruch zu einem Weltbild, das von einer sozialen Prägung menschlichen Verhaltens ausgeht. Ein biologistisches Weltbild hat ein starres Menschenbild, das unabhängig von Raum und Zeit existiert und wenig bis keine Verhaltensänderungen zulässt. Ein materialistisches Weltbild geht dagegen davon aus, dass Menschen durch ihre direkten Umstände geprägt sind und sich demenstprechend verändern können.

Die Umweltbewegung und ihre braunen Flecken

Zurück zu ökologischen Bewegungen. Die zweite Umweltbewegung entstand in den 1980er Jahren rund um soziale Bewegungen und NGOs. Aus diesen entwickelten sich die grünen Parteien. Diese Bewegung war progressiver geprägt und hatte Verbindungen zu anderen sozialen Bewegungen wie der Friedensbewegung. Ganz so einfach ist die Trennung aber nicht. Prägende Gestalten wie Günther Nenning haben etwa für „Zur Zeit“ geschrieben und den Dialog mit ganz rechts gesucht bzw. diesen nicht verweigert. Bei der Besetzung der Hainburger Au hatte die Partie um Küssel sogar ein eigenes Zeltlager (inklusive Hakenkreuzfahne). Nenning und Hundertwasser verhinderten die Räumung durch Linke. Rechtsextreme Bilder und Narrative werden heute oft unbewusst und unreflektiert von NGOs und Umweltaktivist_innen weitergetragen. Die Filme „Economy of Happiness“ und „Earth“ sind hier Beispiele. Technik und Stadt werden als negativ dargestellt, die Menschen in der Stadt als gesichtslose Masse, die ein unglückliches Leben lebt. Ein „natürliches“ Leben am Land wird als das anzustrebende Ideal angesehen. Dieses Ideal strebt implizit auch eine bestimmte Rollenverteilung und Klassenzugehörigkeit an. Es ist der tief bürgerliche Wunsch, in einer idealisierten Vergangenheit zu leben, die so nie existiert hat. Wichtigstes Medium der rechtsextremen Umweltbewegung im deutschsprachigen Raum ist die Zeitschrift „Umwelt&aktiv“. Für dieses schreibt z.B. Michael Howanietz, Büromitarbeiter von H.C. Strache. Dort darf er über „Natürlichkeit“, „homosexuelle Abartigkeiten“ und in bester Blut-und-Boden-Manier von der „Entwurzelung des Einzelnen aus der Muttererde durch die Vernichtung von Brauchtum“ fabulieren. Das nationalsozialistische Urgestein Hemma Tiffner gibt die Zeitschrift “Umwelt” heraus. Es zeigt sich, dass Umweltschutz und Rechtsextremismus keine völlig abstruse Verbindung bilden, wie es anfangs scheint. Im Gegenteil, die ersten Umweltschutzbewegungen hatten eine klar völkisch-rassistische Ausrichtung und die modernen Umweltschutzbewegungen tun gut daran, nicht in deren Bildsprache und in deren Narrative zurückzufallen.

 

Weitere Infos:

In Deutschland hat die grüne Heinrich Böll-Stiftung eine spannende Broschüre erstellt: http://www.boell.de/downloads/braune-oekologen.pdf
Dieses Buch illustriert sehr gut lokale Umweltintiativen, die von rechts kommen und meist von Frauen geleitet werden: Andrea Röpke/Andreas Speit: Mädelsache! Frauen in der Neonazi-Szene. Christoph Links Verlag, Berlin 2011.

Zur Problematik des Strache-Comics – 2010

Die Artikel wurde 2010 zu den Wien-Wahlen und dem Comic “Sagen aus Wien” veröffentlicht, ist aber heute genauso aktuell:

 

Alle Wahlen wieder flattert ein Comic der FPÖ in die Haushalte der Jungwähler_innen. Zu den Wien-Wahlen 2010 gibt es diesen zur Thematik „Wiener Sagen“. Harmlose Gefilde in denen die FPÖ da rumdümpelt, möchte man meinen. Dem ist aber nicht so. Deutlicher als je zuvor knüpfen sie an nationalsozialistische Diffamierungen und Vorurteile an.

–        Die politischen Gegner_innen sind Schädlinge

Politische und „rassische“ Gegner_innen als (schädliche) Tiere darzustellen war ein beliebtes Stilmittel des Nationalsozialismus. Es sollte suggerieren, dass sich diese Tiere am „Volkskörper“ bzw. deren Ressourcen satt essen, ohne selbst etwas beizutragen und somit unnütz, lästig und eben schädlich sind. Es war und ist kein besonders großer Denkschritt, als Nächstes die Eliminierung dieser Schädlinge zu fordern.

Im Comic werden Linke als dauerbekiffte, stinkende Ratten dargestellt, denen es an den typischen nationalsozialistischen schwammigen Eigenschaften von Ehre, Treue und Opferbereitschaft mangelt.

–        „Rassische“ Gegner_innen sind anders, dumm und unehrenhaft

Im Nationalsozialismus wurden Juden und Jüdinnen oft mit gelber Hautfarbe dargestellt, um ihre „Andersartigkeit“ zu betonen. Die frühe Rassentheorie hat zwischen „dem weißen Europäer“, „dem gelben Asiaten“ und „dem schwarzen Afrikaner“ unterschieden. Durch den Gebrauch des rassistischen Singulars entsteht der Eindruck einer homogenen, kollektiven Masse. Die Juden und Jüdinnen wurden als Asiat_innen gesehen, ganz gleich wo sie geboren wurden. Hiermit ging die Vorstellung, dass die Staatsbürger_innenschaft eines Landes nicht erwerblich, sondern nur vererbbar war einher. Dies ist nach wie vor eine beliebte Losung unter Neonazigruppen.

Im Comic werden Türken (nur Männer abgebildet) mit grüner Hautfarbe dargestellt, um zu zeigen, dass sie „anders“ und nicht „von hier“ sind. Gleichzeitig wird sich über ihre Sprache lustig gemacht, indem sie im Comic gebrochenes, falsches Deutsch reden, was sie dumm erscheinen lässt.

–        Die Germanen sind perfekt

Im Nationalsozialismus existierte das Idealbild des_der perfekten, trainierten, weißen Arier_in. Im Gegensatz zu den Protagonisten des Nationalsozialismus (und den meisten Nazis heutzutage) wurde das Ideal als blond, weiß, blauäugig und mit perfekt gestählten Körpern dargestellt. Dieses Ideal findet sich in darstellender Kunst und in vielen Filmen (wie den Propaganda-Filmen von Leni Riefenstahl) wieder.

Im Comic werden die Verteidiger von Wien (nur Männer) als diese kampfeswütigen Germanen dargestellt. Selbst einige der Helme wurden als Wikingerhelme mit Hörnern dargestellt. Die Verfasser_innen dieses Comics scheinen nur selbst keine Ahnung von Wikingern zu haben, sonst wüssten sie, dass es diese Hörnerhelme bei den Wikingern nicht gegeben hat. Bei den Helmformen fehlt auch die preußische Pickelhaube nicht, die als Symbol für den preußischen Militarismus gilt, auf den sich der Nationalsozialismus berufen hat.

–        Das Volk wehrt sich

Die Novemberpogrome (auch als „Reichskristallnacht“ bekannt) wurden als Resultat des von den Nationalsozialist_innen erfundenen Begriffs „Volkszorn“ dargestellt. Damit wurde eine spontane Auflehnung „des Volkes“ gegen den („schädlichen“ s.o.) Feind konstruiert, die nicht aufzuhalten war, sondern zur „Gesundung“ des „Volkskörpers“ beigetragen hätte. Dass inzwischen klar belegt ist, dass die Nationalsozialist_innen diese Pogrome inszenierten, hindert viele Neonazis nicht daran, die Mähr des „Volkszorns“ weiterzutragen.

Im Comic wird das brave und fleißige Wiener „Volk“ dargestellt, das sich trotz der faulen und opportunistischen Regierung gegen den Feind wehrt und sich auflehnt.

–        Historische Kontinuität

Der Nationalsozialismus sah sich in einer historischen Kontinuität zu den als makellos propagierten Germanen. Pseudowisschenschaftler (durchwegs Männer) erschufen eine vermeintliche germanisch-arische Tradition, die es zu bewahren galt. Diese Linie wurde auf vielen Ebenen als Leit- und Handlungsmotiv genommen, um vor allem „rassische“ Argumentationen zu unterstützen. Zudem wurde etwas Höheres als das jetzige Sein konstruiert, ein Jenseits, ein Walhalla, in das alle Eintritt hatten, die sich über die Jahrtausend für das arische „Volk“ geopfert hatten. Das einfache Prinzip von „So wie sie damals, so wir heute“ negiert eine sich verändernde Umwelt und neue politische, ökonomische und soziale Gegebenheiten. Es reduziert alles auf den ewigen Kampf zwischen den guten Arier_innen und den bösen „Untermenschen“. So verschwimmen die Linien zwischen Berserker und Wehrmachtssoldat, weil sie im Denken und „rassisch“ eins sind. Dementsprechend ist auch sprachlich kein Platz mehr für Differenzierung, sondern alles wird in großen, pathetischen und religiösen Formulierungen ausgedrückt.

Dieses Prinzip wird im Comic wieder aufgenommen. Eine scheinbare Erzählung über die Vergangenheit wird als Anleitung für die Zukunft umgedeutet. So wie „die Türken“ damals vor Wien standen, so tun sie es heute auch noch. Der selbe Feind wie vor über 400 Jahren muss wieder besiegt werden. So wie die Ahnen sie damals besiegt haben, so müssen wir es heute tun. Sprachlich pocht Strache auf Heimat und Freiheit und nichts Geringeres.

–        Kindsmörder – die Ritualmordlegende

Die Legende, dass Juden und Jüdinnen rituell Kinder töten, um sie „ihrem“ Gott zu opfern, ist eine sehr, sehr alte, die schon bei den Römer_innen belegt wurde. Im Nationalsozialismus wurde diese Legende wieder aufgegriffen. Besonders die antisemitische Wochenzeitschrift ‘der Stürmer’ von Julius Streicher nutzte dies für Karikaturen und Hetzartikel.

Auf Seite 12 des Comics wird die Mär der „Kindsmörder“ unter einem pseudohistorischen Vorwand wieder aufgegriffen und dieses Mal den Türk_innen zugeschrieben. Die unehrenhaften Feinde töten, im Gegensatz zu den ehrenhaften Germanen, wehrlose Zivilist_innen, vor allem Kinder, während die Germanen sich ehrenhaft dem Kampf „Mann gegen Mann“ stellen.

–        Der Führer als Heilsbringer und Übermensch

Passend zum „Volksgemeinschafts“-Gedanken spitzte sich das nationalsozialistische Heilsversprechen auf eine einzige Figur zu, der des Führers, der „aus der Mitte des Volkes“ gekommen war. Der Führer allein besitzt soviel geistige und körperliche Stärke, dass er allein Deutschland gesunden und in eine bessere, arische Zukunft geleiten kann. Das Volk hat ihm bedingungslos zu folgen. Hier wird, etwas einfältig fehlinterpretiert, das nietzscheanische Konzept des Übermenschen aufgegriffen und biologistisches umgedeutet, wodurch die „Rasse“ den Menschen allein zum Übermenschen machte.

Im Comic darf Strache diesen Führer spielen, der das Böse besiegt, das Volk hinter sich hat (siehe die Aufforderungen an den blonden Jungen auf Seite 10) und der geschichtlichen großen Bedeutung dieser Schlacht gerecht wird. Er führt das Volk zum Kampf gegen den Feind. Es wird suggeriert, dass er genau das auch heute wieder machen könnte (siehe ‘historische Kontinuität weiter oben’)

–        Sexismus

Der Nationalsozialismus konstruierte die perfekte, hübsche, gefügige, blonde und blauäugige Frau, die brav, aber wehrhaft die Kinder „heimattreu“ erzog.

Optisch nimmt der Comic dieses Bild wieder auf. Das Schönheitsideal hat sich aber gewandelt. Im Comic sind die Frauen fast nackt und schmachten den Führer (Strache) an. Übrig bleibt, dass Frauen über ihren Körper fremd definiert werden.

–        Versteckte Anspielungen in Bildern

Wie auch schon beim letzten Comic, als verwordackelte Hakenkreuze und SS-Runen auftauchten, gibt es diese Anspielungen auch in diesem Machwerk.

Wie andernorts (http://pathoblogus.wordpress.com/2010/09/25/hc-strache-neues-von-der-wiking-jugend-odal-fresh/) schon aufgezeigt, verwendet das rot-grüne Basiliskenmonster ein Mundwässerchen namens „Odal“, um den schlimmen Sozialist_innenmundgeruch loszuwerden. Die Odal-Rune wurde u.a. von der Hitlerjugend verwendet (und dürfte damit einigen FPÖler_innen durchaus ein Begriff sein). Sie ist nach wie vor sehr beliebt. Beim Selbstversuch per google-Suchmaschine finden sich auf der ersten Seite ausschließlich Ergebnisse, die diesen Begriff in einen (neo)nazistischen Kontext sehen.

Auf der Parfümflasche daneben steht „Pari“. Das könnte natürlich für „Paris“ stehen, da dort doch viele Parfüms herkommen. Wählt mensch eine etwas weniger naive Herangehensweise, so kann mensch Pari auch zu „Paria“ vervollständigen. Dieser Begriff leitet sich aus dem Tamilischen ab, wo er für die unterste Kaste steht. Im Deutschen hat der Begriff die Bedeutung „Ausgestossene_r“ erlangt. Max Weber bezeichnete das jüdische Volk als „Paria“volk. Bei Hannah Arendt taucht der Begriff ebenso wieder auf wie bei Bernard Lazare.

Diese Aufzählung versteht sich nicht als vollständig, sondern ist ein Resultat von Überlegungen der letzten 48 Stunden, nachdem dieser Comic in meinem Briefkasten aufgetaucht ist. Alles in allem sind es zu viele „Zufälle“, um an „Zufälle“ zu glauben.

 

Bei Interesse:

Victor Klemperer- LTI (Lingua Teritii Imperii)

http://zukunft-braucht-erinnerung.de/drittes-reich/propaganda/202.html

http://www.netz-gegen-nazis.de

Der Verfassungsschutzbericht als Farce und Tragödie – Teil 2 “Linksextremismus”

Teil 1- Rechtsextremismus hier

Der Bericht zu Linksextremismus ist in einem ganz anderen Stil geschrieben, als jener zu Rechtsextremismus. Er fängt gleich einmal damit an, ein Bild linker Gewaltäter_innen zu zeichnen und Ängste zu schüren. Die Linke wird dämonisiert.

 Was sich bei den Linken alles im Bericht findet

Antifaschismus, gegen Rechts, Kapitalismuskritik, das Ansprechen von sozialen und gesellschaftlichen Problem sowie das Thematisieren der Wirtschaftskrise. Diese Fülle an Themen findet sich im Bericht zum „Linksextremismus“ plötzlich wieder. Während beim Rechtsextremismus nichts konkret angesprochen wird, wird bei Linken alles aufgezählt und alles als verdächtig angesehen, selbst die banalsten Dinge. Damit wird insinuiert, dass all die aufgezählten Beweggründe irgendwie anrüchig oder illegal wären. Kritiken am Asylwesen, an der sozialen Lage oder am Wirtschaftssystem fallen genauso darunter. Verbunden wird das immer mit dem Andeuten von Gewalt. Damit folgt der Verfassungsschutz praktischerweise der Linie, die von vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgegeben wurde. Eine Trennung des Protests in „gut“ und „böse“. Gut = Zivilgesellschaft, böse = die Linke. Doch das rettet die Zivilgesellschaft natürlich nicht. Das Anbiedern hat nur insoweit etwas gebracht, als dass ein gewaltvolles Bild der Linken gezeichnet wird und jeder Protest eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und deswegen illegitim ist. Die Zivilgesellschaft kommt aber trotzdem vor. Sie wird beiläufig erwähnt. Aber sie steht im Verfassungsschutzbericht. Auch „parlamentarische Parteien“ stehen drinnen. Der Verfassungsbericht ist ja keine Erzählung über das schönste Urlauberlebnis, sondern die bewusste politische Entscheidung, Parteien und die Zivilgesellschaft in diesen offiziellen Bericht hinein zu schreiben. So etwas fehlt beim Rechtsextremismus gänzlich. Da wird nicht von einer „politischen Partei“, nicht einmal dem „Umfeld einer politischen Partei“ gesprochen, was mehr als verdient gewesen wäre. Aber unter „Linksextremismus“ werden sowohl Parteien (wenn auch nicht namentlich, aber es ist klar, wer gemeint ist) als auch die Zivilgesellschaft erwähnt. Auch Veranstaltungen werden erwähnt – blockupy und der WKR-Ball. Letzterer kommt im gesamten Bericht ganze vier Mal vor. Immer im Zusammenhang mit „Linksextremismus“.

Es wird quasi alles aufgezählt, was es an Protesten gegeben hat, auch wenn diese völlig legal waren und es zu keinen Ausschreitungen gekommen ist. So wird eine Gegendemo zu einer Anti-Abtreibungs-Demo erwähnt, die Anti-Abtreibungsdemo wird aber nicht beim „Rechtsextremismus“ erwähnt. Ein völlig hirnrissiger „Bombenschlag“ wird im Zusammenhang mit dem WKR-Ball angedeutet, weil jemand eine Flüssigkeit dabei hatte, die nicht sofort identifiziert werden konnte. Das Verfahren wurde eingestellt, trotzdem steht dies im Verfassungsbericht. Damit wird die Propaganda der Burschenschaften in klassischer Täter-Opfer-Umkehr bedient. Sogar die Erwähnung der Wirtschaftskrise auf Homepages findet sich im Bericht des Verfassungsschutzes wieder. Mensch wird das Gefühl nicht los, dass der Linken als nächstes vorgeworfen wird, dass sie atmen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder Bücher in der ÖGB-Buchhandlung kaufen. Egal, was Linke machen – es findet Eingang in den Verfassungsschutzbericht. Immer schwingt der Vorwurf der Gewalt (v.a. gegen Polizist_innen – und wir wissen alle, wie die Robocops v.a. bei WKR-Ball-Demos drauf sein können) mit. Gute Arbeit, Zivilgesellschaft, das habt ihr zu verantworten. Richtig abstrus wird es, wenn irgendwelche Zahlen präsentiert und als „vermutete linksextreme Straftaten“ betitelt werden, bei einer Aufklärungsquote von 26,2%. Teesudlesen wäre in etwa genauso exakt, eine wissenschaftliche Vorgehensweise ist etwas Anderes.

Extrem.is.Mus.

Dabei gilt es schon die zugrunde liegende Annahme der Existenz dieses bösen Muses zu hinterfragen, das Extremis-Mus. In der Extremismus-Theorie gibt es eine gute, unpolitische, anzustrebende Mitte. Auf beiden Seiten gibt es äquidistant ein richtig böses Spektrum, das aber jeweils die Verfassung nicht überschreitet. Das sind… (Zeit zum Luftholen)… Radikale. Dann gibt es noch die richtig, richtig üblen Jungs und Mädels, das sind die Extremist_innen, die sich außerhalb des Verfassungsbogens bewegen und das absolute Böse darstellen. Für den Verfassungsschutz und die Extremismustheorie ist es dabei völlig egal, ob links oder rechts und rinks oder lechts – alle böse, böse, böse. Es macht keinen Unterschied, ob jemand gerne Ausschwitz wieder in Betrieb nehmen möchte oder sich gegen Abschiebungen einsetzt. Es macht keinen Unterschied, ob jemand einen autoritären Staat ohne Wahlen aber dafür mit Führer möchte oder ob das jetzige System als undemokratisch abgelehnt wird. Ich übertreibe nicht einmal, für die Extremismus-Extremist_innen ist das wirklich so. Wer jetzt ein bisschen nachgedacht hat, versteht auch, wem das am Meisten nützt – richtig, den Rechten. Denn es wird gnadenlos geleugnet, dass es eben keinen hermetisch abgeriegelten und isolierten rechten Rand gibt, der Rassismus und Antisemitismus eben nicht für sich gepachtet hat. All das sind Positionen, die große Teile der Bevölkerung teilen, wie die Studie Deutsche Zustände (für Österreich gibt es das leider nicht, so ein Zufall) zeigt. Oder die Sarrazin-Debatte. Oder die Debatte über Refugees. Oder. Oder. Oder. Es geht um Diskurse und die können von Allen bedient werden. Aber das kann der Verfassungsschutz nicht erfassen, ohne sich selbst in Frage zu stellen. Denn dann müssten in Deutschland Teile der CDU/CSU, das Vertriebenen-Zentrum und und und beobachtet werden. Und der Verfassungsschutz in Deutschland ist um einiges professioneller als in Österreich (und das trotz des NSU-Rassismus-Fiaskos). Dort kommen die Burschenschaften und die Junge Freiheit immerhin in den Berichten vor. Es gibt wissenschaftliche Dossiers (149 Seiten!) über die Neue Rechte oder die Autonomen Nationalen. Alles Phänomene, die der österreichische Verfassungsschutz noch nicht einmal gegoogelt hat. Die Extremismustheorie befördert letztendlich den Rechtsextremismus (die Verwendung dieses Wortes ist nicht im Sinne der Extremismustheorie zu verstehen, es gibt nur im Moment kein Besseres. Eine lange Begriffsdefinition wurde letztens erst z.B. im Antifaschistischen Infoblatt geführt).

Der Verfassungsschutzbericht als Farce und Tragödie – Teil 1: Rechtsextremismus

Alle Jahre wieder flattert der Bericht des österreichischen Verfassungsschutzes ins Haus. Auf heißen 87 Seiten rechtfertigt er seine Existenz. Allerdings mit Falschannahmen, ungenügender Recherche und reinen Unterstellungen. Vorangestellt soll werden, dass der Verfassungsschutz an sich eine zweifelhafte Institution ist, deren Sinnhaftigkeit in Frage gestellt werden muss. Die Praxis zeigt, dass er vor allem dazu dient linken Protest zu sanktionieren. Trotzdem möchte ich darlegen, warum der diesjährige (und eigentlich auch alle voraus gehenden) österreichische Verfassungsbericht besonders lächerlich ist.

Themenbereich Rechtsextremismus

Der Bericht zum Rechtsextremismus erstreckt sich auf ganzen 6 1/5 schmalen Seiten. Er ist geprägt von Relativierungen und Banalisierungen. Auffallend ist, dass keine einzige Organisation, Person, Zeitschrift, Veranstaltung oder Homepage mit Namen genannt wird, außer Alpen-Donau.info. Der Fall wird aber als erledigt angesehen. Der allgemeine Tenor lautet, dass die rechtsextreme Szene belanglos ist, auf keinem hohen ideologischen oder organisatorischen Niveau ist und kaum in Erscheinung tritt. Als größtes Gefahrenpotential wird das Aufeinandertreffen von Rechtsextremen und „Linksextremen“ gesehen. Das ist der erste, sehr indirekte, Hinweis auf den WKR-Ball, der nie namentlich im Zusammenhang mit Rechtsextremismus genannt wird. Erwähnt wird hier nicht einmal Albrecht Konecny, der von Neonazis im Umfeld des WKR-Balls brutal zusammengeschlagen wurde.

Die Burschenschaften

Burschenschaften kommen seit der schwarz-blauen Regierung und der Etablierung des schwarzen Innenministeriums gar nicht mehr vor. Ein Kniefall vor dem (zukünftigen) Koalitionspartner. Dabei spielen sich spannende Dinge innerhalb der burschenschaftlichen Szene ab, die auch für den Verfassungsschutz von Belang sind. Der Burschentag letztes Jahr in Eisenach zeigte die deutliche Spaltung, die durch die Deutsche Burschenschaft, den Dachverband, bei dem die allermeisten österreichischen Burschenschaften dabei sind, geht. Alle Burschenschaften in diesem Dachverband sind stramm rechts, männerbündisch und deutschnational. Innerhalb dieses netten Haufens tun sich aber die österreichischen Burschenschaften samt Freundchens (Danubia München, Raczecks zu Bonn z.B.) als besonders unerträglich hervor. So unerträglich, dass viele der Anderen nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Auslöser war einerseits die Verunglimpfung des evangelischen Theologen und Naziopfers Bonhoeffer in den Burschenschaftlichen Blättern, dem offiziellen Organ der Deutschen Burschenschaft, durch Schriftleiter (aka Redakteur) NorbertWeidner (Mitglied der Raczeks). Er wurde mittlerweile rechtskräftig verurteilt. Andererseits wurde bei diesem Burschentag die Wiener Teutonia zur Vorsitzenden gewählt. Die Teutonia gilt selbst in der Deutschen Burschenschaft als extrem rechts und viele deutsche Burschenschaften konnten und wollten da nicht mit. (Was sie nun nicht zu den netten Demokraten von nebenan macht) Drittens wurde schon im Jahr davor heftig über die Wiedereinführung von „Arier“-Nachweisen diskutiert, der u.a. von den genannten Burschenschaften gefordert wurde. Die DB hat eine lange Tradition von Ariernachweisen, der erst auf Druck iberalerer Verbände gefallen ist. (Im Abtausch wurde die Pflichtmensur als männlicher Intiationsritus beibehalten) All das und besonders das Vorgehen der WKR-Burschenschaften und der Arminia Czernowitz in Linz hätte den Verfassungsschutz durchaus interessieren können – tat es aber nicht. Den Deutschen übrigens schon.

Wer noch fehlt

Es fehlt auch das Objekt 21 im Bericht des Verfassungschutzes. Verhaftet wurden die Mitglieder erst dieses Jahr, aber Kenntnis vom Objekt 21 muss auch der Verfassungsschutz schon lange vor der Verhaftung gehabt haben. Stoppt die Rechten hat eine gute Chronologie von Medienberichten und Entwicklungen. Neonazis, die im organisierten Verbrechen stecken und Waffen bunkern, scheinen nicht allzu relevant für den Verfassungsschutz zu sein. Auch die Identitären und der Funke (der rechte) werden nur der Form halber angedeutet. Sehr hatschert wird versucht, Kameradschaften und Neue Rechte gleichzusetzen und ihnen ein niedriges ideologisches Niveau zuzuschreiben. Damit beweist der Verfassungsschutz endtgültig, dass er keine Ahnung hat. Wer sich für eine sinnvolle Darstellung der Neuen Rechten interessiert, dem_der empfehle ich diesen Artikel oder gerne auch meine Diplomarbeit: Natascha Strobl – Theorie und Strategie der Neuen Rechten am Beispiel des Funken. Diplomarbeit Universität Wien 2012. Rechtsextreme Fußball-Fanclubs, wie etwa die Unsterblichen der Wiener Austria, die mit eindeutigen Symbolen auffallen, fehlen ebenso.

FPÖ

In der wissenschaftlichen Literatur ist es weitgehend anerkannt, dass die FPÖ eine rechtsextreme Partei ist. Sie gilt sogar als Protoytyp und es gibt viele vergleichende Studien, die analysieren, ob andere Parteien genauso rechtsextrem sind wie die FPÖ.  Wenn der Verfassungsschutz davon spricht, dass es keine rechtsextremen Parteien gäbe, dann funktioniert das nur mit zwei zugedrückten Augen und Watte in den Ohren. Dass nicht einmal das Umfeld der FPÖ, welches wiederholt durch klar neonazistische Taten auffällt, erwähnt wird, ist mehr als bedenklich. Vor allem, wenn im Gegenzug beim Linksextremismus sehr wohl parlamentarische Parteien angedeutet, wenn auch nicht namentlich erwähnt werden.

NSU

“Die in Deutschland im Jahr 2011 bekannt gewordenen Taten der Gruppierung „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ haben gezeigt, dass eine grundsätzlich nach allen möglichen Richtungen offene und für staatsschutzrelevante Phänomene sensibilisierte Ermittlung auch ein Schlüssel zur Früherkennung der Herausbildung von rechtsterroristischen Strukturen sein kann. Im Rahmen der präventiven Arbeit der Sicherheitsbehörden wird daher die Sensibilisierung der eigenen Reihen weiterhin einen besonderen Schwerpunkt bilden.”

Bei diesem Absatz bleibt einem nur noch der Mund offen stehen. Die rassistischen Ermittlungen in Sachen NSU sind der Höhepunkt der Dreistigkeiten des deutschen Verfassungsschutzes. Anstatt in Richtung Rechtsextremismus zu suchen, wurden die Opfer auch noch nach ihrem Tod verhöhnt indem der Verfassungsschutz sie in ein kriminelles Eck gestellt hatte und die Morde als Verbrechen in der organisierten Kriminalität oder dem Drogenmilieu hingestellt wurden. Für die Angehörigen war diese Situation natürlich sehr belastend und erst im letzten Jahr gab es eine offizielle Entschuldigung der Politik. Wenn also der österreichische Verfassungsschutz schreibt “nach allen Seiten offene Ermittlungen” wie bei der NSU sind ein Vorbild, dann ist das purer Hohn. Die NSU-Ermittlungen war die größte Pannenserie des deutschen Verfassungsschutzes seit sie offiziell nicht wussten, dass der Naziverbrecher Klaus Barbie auf ihrer Gehaltsliste als Informant steht. (Kleine Anmerkung: Ja, der deutsche Verfassungsschutz hat eine grandiose Geschichte. Tipp: Nazis im BND. Dokumentation: http://www.youtube.com/watch?v=UF1OYk6wz5U)

 

Als abschließenden Hohn gibt es eine völlig diffuse Aufzählung von Straftaten, von denen nur 56,4% als rechtsextrem, aber 26,2 % als unspezifisch eingestuft worden sind. Dazu zählt aber der Verkauf von NS-Devotionalien. Eine genaue Definition, was eine Kategorie von der anderen klar abgrenzt, bleibt der Verfassungsschutz genauso schuldig wie die Definition von Begrifflichkeiten.

Teil 2 zu “Linksextremismus” hier

Frank und die neu(en) rechten Werte

Dass das Team Stronach ein Problem mit Rechtsextremen in den eigenen Reihen hat ist nicht neu. Die Recherche West hat schon im Dezember darauf aufmerksam gemacht, dass sich in Tirol viele rechte Opportunisten, Burschenschafter und andere Rechte beim Team Stronach wiedergefunden haben.

Robert Lugar im Interview mit compact

Neu ist allerdings, dass das bis ganz nach oben, in dem äußerst hierarchisch agierenden Team Stronach geht. Klubobmann und Quasi-Parteichef Robert Lugar hat im Februar dem Compact-Magazin für Souveränität ein Interview gegeben. Das Interview selbst ist wenig spektakulär (ein Ausschnitt ist auf der Seite des Chefredakteurs nachzulesen. Achtung, Link auf rechtsextreme Seite). Compact sieht sich selbst als Magazin, das „rechte und linke Positionen vertritt“. Weder links noch rechts zu sein, behaupten bekanntermaßen nur Rechte von sich und ist eine bekannte Strategie (siehe: Kommunikationsstrategien der Neuen Rechten). Auch wenn einige Autor_innen ursprünglich aus einem linken Spektrum kommen, so liefern sie heute Lesestoff für alle, die ihre rechtsextreme Ideologie nicht mit dumpfen rassistischen Parolen präsentiert bekommen möchten, sondern vermeintlich kritisch und intellektuell. Beliebtestes Feindbild ist aber ganz klassisch Israel. Da werden allerlei krude Verschwörungstheorien präsentiert und von der Neuen Weltordnung phantasiert. Beate Zschäpe wird zum „Engel“, der einer bösen Verschwörung der deutschen Justiz zum Opfer gefallen ist und und sie wird in einem offenen Brief aufgefordert, „alles aufzudecken bevor es zu spät ist“. Entlarvend auch die alljährliche Compact-Konferenz für Souveränität. Mit Peter Scholl-Latour, Eva Hermann und Thilo Sarrazin kommt da zusammen, was zusammen gehört. Diskutiert wird über „Familienfeindlichkeit“, „Geburtenrückgang“ und das „Sterben der Völker“, alles klassisch rechtsextreme Narrative. Geladen sind auch Vertreter der extrem homophoben russisch-orthodoxen Kirche und Mitglieder der russischen Duma. Auch die Autor_innen der Ausgaben sind klar verortet, etwa Ansgar Lange, ehemaliger Chefredakteur des neurechten Theorieorgans Criticón , der auch schon für Politically Incorrect (was bizarr ist, wenn man die ausgesprochene Israelfreundlichkeit von PI dem Antisemitismus von Compact entgegenstellt) und eigentümlich.frei geschrieben hat oder André Lichtschlag, der sich im Umfeld von Götz Kubitschek und der Sezession tummelt. Der Chefredakteur von Compact ist Jürgen Elsässer, der sich auch einmal in der Linken herumgetrieben hat. Er hat sich über seine Verengung der Kapitalismuskritik auf eine Kritik des Finanzkapitals und dem damit verbundenen Antisemitismus zu klar rechtsextremen Positionen entwickelt. Compact ist die logische Manifestation dessen. Damit steht das Magazin in einem Netzwerk neurechter Organisationen, Blogs und Zeitschriften, die eben nicht mit Haudrauf-Parolen glänzen, sondern kritisch, zugänglich und intellektuell daherkommen wollen. Mit einer großen Bekanntheit oder einer rasenden Auflage können Lugar und das Team Stronach hier auch nicht argumentieren, handelt es sich dabei doch eher um ein „Sektenorgan“, wie ruhrbarone attestieren.

Thomas Bachmeier ist bei Veranstaltung von Compact

Thomas Bachmeier ist Mitglied des Expertenrates von Frank Stronach und Kandidat zum Nationalrat in Vorarlberg für das Team Stronach, wie die APA am 13. August berichtete. Er ist auch Ökonom und dubioser Goldstandardtheorieexperte. Somit Experte einer Theorie, die anschlussfähig für rechtsextreme Ideologie und von der FPÖ heftig propagiert wird. Dass der Expertenrat an sich recht schräg ausgefallen ist, darauf weist Andreas Kemper hin.  Bachmeier hat es sich nicht nehmen lassen, als Gast bei einer Veranstaltung von Compact aufzutreten (Achtung Link auf rechtsextreme Seite). Moderiert wurde der Spaß von Ken Jebsen. Jebsen, der immer wieder durch Antisemitismus auffällt und deswegen vom rbb gefeuert wurde.

Es zeigt sich, dass das Team Stronach gar kein Problem damit hat, bis auf die höchste Ebene mit einem rechtsextremen Magazin zusammenzuarbeiten, das antisemitische Weltverschwörungsthesen und Ethnopluralismus propagiert und dabei rassistisch, sexistisch und tief homophob auftritt.