Warum wir demonstrieren

Der Ball der Burschenschaften in der Wiener Hofburg ist ein alljährliches Ritual. Die Schickeria des Rechtsextremismus trifft sich zur Kontaktpflege und um eine schöne Zeit zu haben.

„Lasst sie doch“

Der Bundespräsident beweist den Stellenwert von Antifaschismus im bürgerlich-liberalen Bürgertum und es ist demaskierend. Just in einem Hetzartikel in der Kronen Zeitung stellte er wenige Tage vor dem Ball klar, dass er eigentlich kein Problem mit dem Ball der deutschnationalen, völkischen Burschenschaften in der Hofburg habe.

Es gibt ein Problem an dieser Aussage. Sie ist faktisch falsch oder unglaublich feig. Faktisch falsch wäre es, wenn er glaube würde, es wäre kein Treffen von Rechtsextremen, sondern ein unpolitisches Tanzevent. Das wäre ein fauxpas und er bräuchte dringend bessere Berater_innen. Feig wäre die Aussage dann, wenn ihm der rechtsextreme Charakter des Balls bewusst wäre, Van der Bellen aber kein Interesse am Kampf gegen Rechtsextremismus habe. Nicht zuletzt deswegen wäre es eine Enttäuschung, weil es der einzige Grund für einen großen Teil von Menschen war, Van der Bellen zu wählen. Nachdem sich der jetzige Bundespräsident schon für Kürzungen bei der Mindestsicherung ausgesprochen hat, war es für viele definitiv nicht seine Einstellung zu Sozialpolitik, die sich kaum von jener von Hofer unterscheiden.

Auch strategisch ist diese Aussage höchst unklug, fällt sie doch weit hinter jene von Heinz Fischer zurück, der sich klar gegen den Ball positionierte.

Ist es Ignoranz, Desinteresse, Anbiederung beim ÖVP-Klientel oder gezielte Bösartigkeit gegen linke Bewegungen – es ist gleich. De Facto hat Van der Bellen den einzigen echten Grund ihn zu wählen wenige Tage nach seiner Angelobung verraten. Just am Gedenktag der einzigartigen Verbrechen des Holocausts macht er klar, dass Antifaschismus nicht einmal untergerodnete Priorität in seiner Präsidentschaft hat. Das hätten wir von Hofer genauso, aber ehrlicher bekommen.

Wir lassen sie nicht und zwar deswegen:

Rechtsextremismus lässt sich nicht wegwünschen und nicht weg ignorieren. Das Perfide an Rechtsextremismus ist nämlich, dass er schleichend funktioniert und total funktioniert. Rechtsextremismus hat eine eigene Sprache und viele Strategien, diese einzusetzen. Nach und nach verändert diese Sprache, die langsam in den Alltag einsickert, unser Bild von der Welt. Menschen auf der Flucht werden zur „Welle“ und zur „Flut“ und überhaupt sind es nur „Migranten“. Feminist_innen werden zu „Kampfemanzen“, die „hysterisch“ und „aufgeregt“ an der „Kastrierung“ von Männern arbeiten. „Politische Korrektheit“ wird zum Spottbegriff und mit „Zensur“ und „Hexenjagd“ gleichgesetzt. Rechtsextreme sind in der eigenen Erzählung immer Opfer und Held_innen zugleich. Opfer des unfassbar dekadenten und linken (von dunklen Mächten gesteuerten) Zeitgeists, gegen den sie sich im Namen des „Volkes“ und auf Basis von „natürlichen“ Gegebenheiten auflehnen.

Was so lächerlich klingt, daran haben wir uns längst gewöhnt. Die Grenzen zwischen konservativem Bürgertum und offenem Rechtsextremismus existieren nicht und so gut wie jetzt hat die Kollaboration wahrscheinlich das letzte Mal in den 1920ern funktioniert. 

Jedes „Stopp“, jedes „NEIN“, jede Demonstration und jedes Widerwort bricht diese Normalisierung ein wenig auf. Es ist leicht, sich in einer arroganten Pose zurückzulehnen und zu bekritteln, dass dadurch nicht die gesamte Wucht des Rechtsextremismus aufgehalten wird. Ja, das stimmt. Aber es ist weit mehr, als mit den Schultern zu zucken und „Lasst sie doch“ zu murmeln. „Lasst sie doch“ war immer die größte Hilfe für Rechtsextreme.

In einer Zeit, in der ein Innenminister sich in autoritären Machtfantasien suhlt, die die Demokratie abschaffen, in der rechtsextreme Gewalt gegen Linke, Frauen, Flüchtlinge, LGBTQs und viele andere atemberaubende Ausmaße annimmt, die FPÖ von einem Hoch zum nächsten gleitet und in der der Polizeiapparat außer Rand und Band ist, ist „Lasst sie doch“ keine neutrale äquidistante Aussage, sondern Kollaboration.

Für alle Antifaschist_innen:

3.2.2017

17h Schottentor

Demonstration gegen den Burschenschafterball

 

ogr

Dönmez von Sinnen

Die Neue Rechte und die FPÖ machen sehr viel zusammen, das ist nicht neu. Thilo Sarrazin lässt sich gerne einladen und Eva Herman sowieso. Akif Pirinçci darf da nicht fehlen. So veranstaltete unlängst der Ring Freiheitlicher Studenten (sic!) eine Podiumsdiskussion in Graz mit dem Autoren.

rfsgraz

So wundert es nicht, dass nun die FPÖ nachzieht.

screenshot

Akif Pirinçci ist vielen von seinen Felidae-Romanen bekannt. Er hätte auch einfach dabei bleiben können. Über viele Stationen, unter anderem Henryk Broders Blog Achse des Guten, hat er es zum lautesten, derbsten und widerlichsten Vertreter der Neuen Rechten geschafft. Migrant_innen, Homosexuelle, aber vor allem Frauen hasst Pirinçci aus voller Überzeugung. Pseudorebellisch bedient er sich einer Fäkalsprache und heuchelt Hemdsärmeligkeit. Er ist so der ideale Vertreter des das-wird-man-doch-noch-sagen-dürfen Milieus zwischen Junger Union, Blauer Narzisse, zwischentag, eigentümlich.frei, Identitären und eben FPÖ. Sein Buch „Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“ wurde natürlich ein Hit. Seine Widerlichkeit lässt sich auch an dem Screenshot erkennen, wo er in bester Midlife Crisis-Manier nach jungen Frauen fragt. Er gibt sich wirklich alle Mühe wie ein notgeiler, alter Sack zu wirken, auch schon in der Vergangenheit und gerne gegen Frauen in marginalisierten Positionen.  Gerne schreibt der Herr auch lange Ergüsse, in denen er das Aussehen von jungen Frauen beschreibt, die in seinem Weltbild alle nur auf der Welt sind, um seine Machtphantasien zu befriedigen.

Über Strache brauche ich wohl keine Worte verlieren.

Melanie Schneider ist für die „Alternative für Deutschland“ im Stadtrat von Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) vertreten und bei der Jugendorganisation „Junge Alternative“ aktiv. Sie ist einer der Köpfe hinter der antifeministischen Kampagne der Jugendorganisation, die vielfach ob ihrer Borniertheit persifliert wurde.

Spannend ist, dass Efgani Dönmez von den Grünen teilnimmt. Wie lustig das der Rest der Grünen findet, sei dahingestellt. Dönmez hat bekanntlich schon in der Vergangenheit kein Problem mit homophoben und rassistischen und frauenverachtenden Positionen gehabt. Insofern ist er bei Pirinçci vielleicht ganz richtig.