Es gibt zwei Sorten von „wohlmeinenden“ , aber unendlich nervtötenden pseudoprogressiven Meinungsmacher_innen, die jedes Jahr aufs Neue beim WKR- (oder „Akademiker-) Ball rauskriechen und sich in ihrer Distinktion zu allem, was links sein könnte selbst verwirklichen müssen.
Über die einen hat proleter sehr gut geschrieben. Das sind jene, die das Narrativ von den schlimmen linken Gewaltanarchos bedienen und sich von vornherein von allem distanzieren. Dieses Spiel, dass sich die Rechten als Opfer inszenieren, ist nicht neu – hier werden die Mechanismen dahinter anhand des „Neue Juden“-Sagers von Strache 2011 erklärt.
Die Zweiten sind jene übercoolen Medienfuzzis, die uns gleich erklären wollen, dass gegen den Ball zu demonstrieren wahlweise total undemokratisch ist oder, wie es dieser Tage wieder einmal der immer reaktionärer werdenden Falter propagiert, die Demonstrationen erst den Ball in die Öffentlichkeit bringen und dass dies der FPÖ hilft. Ignorieren wäre soviel besser und klüger. Das mag auf den Falter zutreffen, aber leider, leider nicht auf die FPÖ. Der Artikel im Falter wird im weiter unten verlinkten Blogeintrag genauer zitiert.
Zwei Missverständnisse möchte ich dann doch aufklären:
„Das ist Demokratie! Die FPÖ ist eine demokratische Partei! Demokratie!!!!“
Die kurze Fassung: Nein.
Die lange Fassung: Wir können ausführlich über Demokratiebegriffe reden und viele kluge Leute haben schon viel zu dieser Debatte beigetragen. Aber halten wir doch bitte einmal fest, dass ein rein formaldemokratischer Demokratiebegriff viel zu wenig ist. „Nur“ weil eine gewisse Anzahl an Leuten jemanden wählt, ist das nicht per se demokratisch. Auch eine undemokratische Position kann formaldemokratisch gewählt werden. Das klingt verwirrend, ist es aber nicht. So kann/sollte eine Mehrheit nie über Minderheitsrechte abstimmen. Eine formaldemokratische Entscheidung, dass z.B. diese oder jene Religion oder Atheismus verboten wird oder alle nur noch katholisch sein müssen, wäre alles andere als demokratisch, obwohl es eine Mehrheit von Katholik_innen in Österreich gibt – zumindest am Papier. Soweit, so klar. Das heißt aber auch, dass eine Gruppe, die sich formalen Wahlen stellt, keine demokratische Gesinnung vertreten muss. Die Ideologie der FPÖ ist nicht demokratisch. Die FPÖ hat ein kulturalistisches bis völkisches Weltbild. Die FPÖ geht fließend über in den organisierten Rechtsextremismus. Die FPÖ hat ein Menschenbild, das von Ungleichwertigkeiten bestimmt ist und in dem ausgerechnet sie die Elite darstellen. Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei. Diese Analyse steht nur in Österreich zur Debatte. In vielen anderen Ländern ist die FPÖ das Schreckgespenst, mit dem man die heimischen Rechtsparteien verunglimpft. Sowohl die Schwedendemokraten als auch der Front National konnten sich viel Kritik von der jeweiligen Presse anhören, weil sie auf den „Naziball“ gingen. Auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung ist die FPÖ die Blaupause aktueller rechtsextremer Parteien, an denen alle anderen gemessen werden. Dies nur, um dieses Bild von der FPÖ als vermeintlich demokratischer Partei ein wenig gerade zu rücken. Demokratie ist kein Begriff, der irgendwo im luftleeren Raum steht. Demokratie ist ein Begriff, der mit Inhalt gefüllt werden muss und anhand der Definition lässt sich klar eine Ideologie ableiten. Wer Demokratie als Akt sieht, der alle 5 Jahre für 10 Minuten bei Wahlen ausgeführt wird, hat (so wichtig und richtig der Kampf um ein allgemeines, gleiches und geheimes Wahlrecht überall ist) nicht ganz verstanden, dass es um viel mehr geht. Es geht darum, wie problemlos eine Gruppe von Menschen, die ein undemokratisches und völkisches Weltbild vertritt, sich in den repräsentativsten Räumlichkeiten der Republik versammeln darf. Es geht darum, dass diese Gruppe und ihr Umfeld eine reale Gefahr für viele Menschen darstellt und das von dieser Gruppe und ihrem Umfeld Gewalt ausgeht.
Menschen, die jetzt der FPÖ beispringen und das im Namen der Demokratie tun, tun das nicht, weil sie sich real mit irgendetwas beschäftigt hätten, sondern nur, um sich von den”blöden Linken” abzugrenzen, weil sie ja selbst so viel besser sind. Distinktionsallüren waren außerhalb von musikalischen Subkulturen schon immer scheiße.
ignorieren, Ignorieren, IGNORIEREN, I-G-N-O-R-I-E-R-E-N wir sie doch ganz laut
Ja klar, historisch war es immer richtig, gut und sinnvoll Rechtsextremismus zu ignorieren. Padauz, was wäre uns erspart geblieben, wäre die Appeasementpolitik noch ein paar Jahre länger durchgehalten worden. Ganz groß.
Der Zeitpunkt, an dem es sinnvoll gewesen wäre, die FPÖ zu ignorieren ist ca. 40 Jahre her. Eine Partei, die so groß und erfolgreich ist und vielleicht sogar bei eine der nächsten Wahlen die stärkste wird, kann mensch nicht ignorieren. Das wäre, gelinde gesagt, grob fahrlässig. Für die Leute, die sich nur einmal im Jahr mit Rechtsextremismus beschäftigen, mag es hysterisch anmuten, dass es Leute gibt, die sich tagein tagaus mühsamst mit allen Strukturen des organisierten Rechtsextremismus auseinander setzen. Weil sie es lächerlich finden, weil es ihnen kleinlich anmutet. Aber es ist nur solchen Leuten zu verdanken, dass wir über Strukturen, Verbindungen und Veranstaltungen Bescheid wissen. Die Rechten sollen wissen, dass sie nie ungestört ihr Ding machen können. Diesen Sumpf einfach mal vor sich hin blubbern lassen ist das Gefährlichste ,was eine Gesellschaft tun kann. Nicht jede Person hat die Muse, sich jeden Tag damit abzugeben, ist auch völlig in Ordnung. Es gibt sehr viele andere Themen, die Beachtung verdienen und bei denen es gut ist, wenn sich Leute mit viel Einsatz darum kümmern. Aber bitte, lieber Falter, lauft wenigstens nicht zum Anti-Antifaschismus über. So solidarisch (bei Bedarf im Wörterbuch nachschlagen) könntet ihr sein.
Ich empfehle auch diesen Eintrag von derGregor (http://pastebin.com/ksJWSfzy)
Also, zusammengefasst: Gegen diesen Ball aufzutreten, gegen ein Weltbild der Ungleichwertigkeit einzustehen und heute, 24.1., um 17h Uni Wien auf die Straße zu gehen – das ist Demokratie.
“Demokratie ist kein Begriff, der irgendwo im luftleeren Raum steht. ”
Was rechtsextrem gesinnte Menschen unter Demokratie verstehen, hat Herr Mölzer am 26JAN2014 sehr schön im Fernsehen ausgebreitet.
In der Debatte um den Akademikerball sprach er von Demokratie, hatte aber etwas anderes im Sinn. Kein Demos im soziologischen Sinn war gemeint, wo politische Handlungen in Rücksprache mit der Gemeinschaft statt findet, noch die Vorstellung einer idealisierten Staatsordnung in der viele zum Wohle aller regieren.
Mölzer meinte willkürliche Rechtsausübung nachdem er von Unrecht sprach. Tatsächlich stellte er nur seine Wehleidigkeit zur Schau. Mölzer sieht sich selbst als Publizist, also muss er wissen, dass er an der öffentlichen Meinungsbildung teilnimmt. Am Heldenplatz passierte tatsächlich Unrecht, nicht die Wehleidigkeit der FPÖ, der Anschluss an Hitlerdeutschland.
“Demokratie ist kein Begriff, der irgendwo im luftleeren Raum steht. ” / Redigierte Fassung
Was rechtsextrem gesinnte Menschen unter Demokratie verstehen, hat Anreas Mölzer am 26JAN2014 sehr schön in einer Fernsehdebatte dargelegt.
Wenn Mölzer in der Sendung “Im Zentrum: Krawall um den Ball” von Demokratie und Bürgerrecht spricht, hat er mMn etwas anderes im Sinn. Weder ein soziologischer Demos, wo politische Handlungen in Rücksprache mit der Gemeinschaft statt findet, noch die Vorstellung einer idealisierten Staatsordnung in der viele zum Wohle aller regieren.
Um Wiens Polizeipräsident schnurrend bedankt sich Mölzer für den Polizeischutz seiner Klientel, meint aber die willkürliche Rechtsausübung der Polizei als Vollstrecker. Unrecht beklagend stellt er Wehleidigkeit zur Schau.
Mölzer sieht sich selbst als Publizist, also muss er wissen, dass er an der öffentlichen Meinungsbildung teilnimmt. Am Heldenplatz passierte tatsächlich Unrecht, nicht die Wehleidigkeit der FPÖ, der Anschluss an Hitlerdeutschland.