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Sprache entmenschlicht

Sprache ist entlarvend. Sprache setzt Bilder in den Köpfen von uns alles fest. Sprache trägt zur Diskursverschiebung nach rechts bei. Jede rechtsextreme Logik, die von vielen Leuten weiter getragen wird, ist ein Erfolg für Rechtsextreme.

Beispiel Flüchtlinge. Flüchtlinge sind eine “Flut” oder ein “Strom”. Diese Wasser- und Naturkatastrophensynonyme entindividualisieren die Menschen und ihre Geschichten. Sie ist ein großes, homogenes Ganzes, das gefährlich und unkontrolliert ist. Es sind keine Menschen mit individuellen Bedürfnissen, Gefühlen und Entscheidungen, sondern ein kollektives, schicksalhaftes Ereignis. Viel mehr noch: Sie sind eine Gefahr. Eine “Flut” oder ein “Strom” räumt unerbittlich alles weg, was ihn im Weg steht. Man muss sich also davor schützen. Wie schützt man sich gegen solche wilden Wassermassen? Man baut Dämme oder reguliert das jeweilige Gebiet, in dem sich dieses Wasser abspielt. In diesen Worten ist kein Raum mehr für die Betrachtung der Menschen dahinter und was diese zu erleiden hatten oder was sie überhaupt geschafft haben, um am Leben zu bleiben. Der Fokus gilt den alleinigen Betroffenen der „Naturkatastrophe“ – denen, denen vermeintlich Hab und Gut, wenn nicht gar das Leben weggerissen wird. Damit ist entweder die lokale Wohnbevölkerung, wenn nicht gar die völkische Nation gemeint. Diese muss beschützt werden und/oder sich selbst wehren. Es ist kein Kampf gegen andere Menschen, sondern gegen die Elemente der Natur mit biblischem Ausmaß. Es kann kein Miteinander geben, da eine „Flut“ nicht mit sich reden lässt, es wird eine Dichotomie: wir oder sie aufgemacht. Das steht im diametralen Gegensatz zu der unermüdlichen Hilfsbereitschaft und Solidarität vieler tausender Menschen in ganz Europa. Das wird unsichtbar gemacht, während die, die „Dämme“ bauen wollen zu den alleinigen (richtig) Handelnden erhoben werden. Angst und Unsicherheit ist nicht Auseinandersetzung und Hilfsbereitschaft beizukommen, sondern mit beinhartem Kampf. Dieser ist legitim, weil es sich bei dem zu Bekämpfenden nicht um gebeutelte Menschen, sondern um eine Naturgewalt handelt. Die Wasser-Metapher verstellt aber auch den Blick auf die Ursachen von Flucht. Es ist keine göttliche Fügung oder eine schicksalshafte Naturkatastrophe, dass die Lage so ist wie sie ist. Menschen fliehen aufgrund zahlreicher Ursachen: Krieg, Terror, Vertreibung, dem Entzug der Lebensgrundlage, Verfolgung, Unterdrückung, Vergewaltigungen, Ausgrenzung und und und. Zuletzt wird mit den Bezeichnungen „Flut“ und „Strom“ suggeriert, dass „die“ „uns“ was Böses wollen. Wenn „sie“ erst einmal „hier“ sind, dann bleibt „hier“ kein Stein auf dem Anderen. Dann droht hier „Verwüstung“. Entweder „wir“ oder „sie“. Es trägt also auch zu einem Zusammenrücken der Nation bei. In Zeiten so einer Katastrophe ist kein Platz für das Hinterfragen oder Aufzeigen „innerer“ Konfliktlinien, etwa dem Widerspruch zwischen Obdachlosen und anderen Hilfsbedürftigen und jenen, die sie jetzt instrumentalisieren, aber sie an allen anderen Tagen des Jahren drangsalieren und gegen sie hetzen.

Entmenschlichung mit Worten ist eine beliebte rhetorische Strategie im Rechtsextremismus. Unliebsame Menschen(gruppen) werden mit Tiermetaphern besetzt, wie etwa in den Comics der FPÖ. Grüne und SPÖ werden zu Ratten und Ungeziefer. Der Ring Freiheitlicher Studenten (sic) machte aus den anderen Fraktionen bei ÖH-Wahlen gerne Schweine oder Halbwesen zwischen Mensch und Schwein dargestellt. Nicolas Sarkozy hat Flüchtlinge letztens mit Abwasser verglichen, das auch über das ganze Haus verteilt werden darf. Dankbar wurde das auch in Österreich von FPÖ und Identitären aufgenommen, das Sujet verbreitet sich gut. Die „Flut“- und „Strom“bezeichnung findet sich schon lange bei rechtsextremen Magazinen und Blogs, von ZurZeit über Compact bis zur Sezession wird sie mit einer Penetranz und in vielen Abwandlungen verbreitet. Die Mainstreammedien haben das nun im großen Stil übernommen.
Die Konsequenz ist immer dieselbe: Das muss weg. Egal, ob Flut, Ungeziefer oder Abwasser – gut ist es nur, wenn es nicht da ist. Es muss weg, notfalls mit einer Kraftanstrengung. Jedes Mittel ist legitim.

Die Identitären nehmen bei Sarkozy anleihen. (Screenshot facebook)

Die Identitären nehmen bei Sarkozy anleihen. (Screenshot facebook)

Achtet auf eure Sprache um diese rechtsextreme Logik, die die Entmenschlichung und alle damit verbunden Konsequenzen in sich trägt, nicht weiter zu propagieren.

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